Prozessprotokoll vom 10. Verhandlungstag (9.12.2016) gegen Ali Hıdır Doğan

22ndFeb. × ’17
[Die notizen sind nicht ganz von anfang an/nicht bis zum ende mitgeschrieben. oft waren die Aussage des Gutachters nicht verständlich/oder zu lang, dass eine vollständige Aufzeichnung nicht möglich war. Die gehlenden Stellen sind mit (…) markiert.]
(…)
zeuge:
    – Es gab den Entwurf eines Friedensplans. Die PKK erklärte am 23. März Waffenstillstand, blieb mit dem Guerilla-Abzug zwar misstrauisch, aber begann mit dem Abzug. Es wurden seitens der PKK mehrere Forderungen gestellt, wie krinen Ausbau von militärischen Sperranlagen oder keine Bewaffnung von Dorf(…)
Die Guerilla-Führung war nicht sehr eindeutig mit der Fortsetzung des Friedensprozesses. Öcalan war für die Fortsetzung, Es kam im März zu einer Krise der Friedensverhandlungen.
Es gab ein Papier, das die AKP beschlossen hatte. Der Friedensprozess lief weiter und im Dezember trafen sich (…) mit dem türkischen Geheimdienstchef. Beide Seiten zeigten sich bereit den Prozess weiterzuführen, z.b. lenkte auch der türkische Staat ein, indem HDP-Politikern gewährt wurde sich mit Öcalan zu treffen. In einem neuen Regierungsprogramm wurde der Friedensprozess als Priorität deklariert. es gab eine neoislamische ausrichtung der regierung.
Durch die kobane-krise wurde der prozess zu nichte gemacht. es bestanden kontakte bis november 2014.
auf der politischen ebene wurde der PKK keine konstruktive Politik vorgeworfen, weil sie Wahrheitskommissionen einrichten wollten, während die türkische Regierung ihre Finger gegen die Kobane-Befreiung im Spiel hatte.
Richter: Warum waren die Wahrheitskomissionen in den Augen Erdogans nicht verhandlungswürdig?
zeuge: Die Arbeit der Wahrheitskommissionen beinhaltet Morde zu Lasten einer Grauzone des geheimdienstlichen, kriminellen Mileaus aufzudecken, welches den Zusammenhang von Killerkommandos und dem politischen Willen der Regierung aufdeckt. Öcalan wollte auch die Einrichtung einer Wahrheitskommission im parlament.
Richter: Wie sehen sie, dass die verhandlungen im januar 2015 schon am austrudeln waren?
Zeuge:
    (…)
    Es gab ein Spannungsfeld, das bereits ohne die Situation in syrien und im irak schwierig zu bewerkstelligen wäre
    
Richter: Wurde vom KCK auch jenseits von öcalan politik gemacht?
zeuge: es ist zwischen militärischer und politischer führung zu unterscheiden. außerdem gibt es einen unterschied zwischen der integration in den friedensprozess und der autonomiefrage. die guerillaführungen sind zu politischen playern geworden und hatten auch das ziel erdogan und Fidan (geheimdienstchef) loszuwerden.
(…)
Frage der staatsanwaltschaft: welche konkreten auslöser waren es, dass die verhandlungen für gescheitert erklärt wurden?
zeuge:
    – integration von 34 PKK-Angehörigen (??)
    – die PKK zu sich nach diakabyr zurück, wo es zu gewalttätigen ausbrüchen des türkischen staates kam
    – 
    
Staatsanwalt: Was ist mit dem Anschlag der PKK in tokar(?) ?
zeuge: (…) Das muss also als politische Reaktion gesehen werden. in einer 2. phase haben dann beide gewaltträger, guerilla und sicherheitsapperat, einiges dazu beigetragen, dassdie prozesse scheiterten
staatsanwaltschaft: gab es bei dem rückzug der pkk vorbehalte?
zeuge: ein vorbehalt gegen die pkk war, dass zwar der rückzug der PKK läuft, aber gleichzeitig lokale milizen aufgebaut wurden. ein anderer vorbehalt gegen die regierung war, dass diese weiterhin militärstützpunkte aufbaute.
Staatsanwalt: sind die kräfte nun abgezogen worden?
zeuge: die kräfte wurden abgezogen, zurückgeblieben sind Kader_innen in den städten; wurde von land- zu stadtguerilla
Staatsanwalt: Was ist der Unterschied?
zeuge: andere fortbewegung, andere strategiern DHKPG (?)
Staatsanwalt: wie war das gemeint, dass die PKK nur sichtbar wird, wenn sie zuschlägt
zeuge: Gemeint damit war, dass sie nur dann mediale Aufmerksamkeit erfährt
Staatsanwalt: Haben sie sich mit Anschlägen seitens der PKK auseinandergesetzt?
zeuge: Ja, sicherlich. Es gibt aber auch noch die andere Seite.
Staatsanwalt: Wozu hat man eine Stadtguerilla aufgebaut?
(…)
Richter: Warum hat der Staudammbau eine militärische Bedeutung?
Gutachter: das niederbrennen der Wälder für den Staudammbau ist Teil der Guerillabekämpfung. Widerständige Dörfer wurden gleich unter Wasser gesetzt.
Verteidiger1 Theune: sie sagten, dass es von beiden seiten keine flankierenden maßnahmen gab. welche?
z: von beiden seiten hat die koordination gefehlt. z.b. sich ernster zusammensetzen um die chance der 34 rückkehrer_innen zu nutzen. außerdem fehlten eingeständnisse der eigenen vergangenheit, bzgl. angriffe, usw.
V1: wie gewinnt erdogan die bevölkerung für sich?
z: kulturelle autonomie setzt er mit separatismus gleich. er geht auf die osmanische Geschichte zurück und behauptet kurdische Autonomie unter türkischer Herrschaft sei was natürliches. zudem gibt es noch anti-kurdische hetze seitens Rechtsextremen. Das Zusammenleben ist deutlich schwieriger geworden.
V2: Wie stehen sie zum Lösungsvorschlag der Assimilierung und dem Assimilierungsdruck der seit den 90er zur Sprache gebracht wird?
z: Integration durch Assimilation kommt aus der osmanischen Geschichte. Die Assimilierungspolitik hat 2 Seiten. Zum einen die Brutale durch Militär, usw. und es gibt die Bildungsassimilation.
V2: Warum gelang es der PKK so sichtbar zu werden und Anderen nicht? Denn um Kampf gegen Assimilierung ging es ja vielen, aber die PKK hatte den stärksten Rückhalt in der Bevölkerung…
Z: Im Narrativ kemalistischer Prägung existieren diese Klassenunterschiede nicht.
V2: Kemal Attatürk (…) 
(…)
V1: Wer war auf kurdischer Seite an den Friedensprozessen beteiligt? Wie standen HDP, KCK, HPG und Öcalan zueinander?
Z: Die HPG hat zwar Autonomie. Im Gremium werden Operationen beschlossen, die jedoch nicht unkontrolliert sind.
Die HDP war auf parlamentarischer ebene beteiligt. KCK -> (…)
Beim DTK waren die Untergrundstrukturen direkter. Oecalan selber hat was yu sagen, gibt Einfluss als Fuehrer des Exekutivrats durch Briefe, usw. Er hat also eine richtungsweisende Funktion.Die Erklaerungen des KCK und DTK waren nach der Gewalt seitens des tuerkischen Staates nachvollyiehbar, aber evtl. friedensprozesshemmend
V2: Gab es Verlautbarungen auf kurdischer Seite bezueglich des Abbruchs des Friedensprozesses?
z: Es gab keine Verlautbarungen fuer den Abbruch
V2: In der letzten Erklärung zu dem friedensprozess spricht öcalan sich für eine friedliche Lösung aus. Was stehen sie dazu?
(…)
V2: Ist ein Friedensprozess politisch denkbar, wenn die PKK den Schritt macht und die Waffen ablegt?
(…)
z: Indem europäischerseits nicht gesehen wird, dass die Kurdenfrage wichtig ist, wird der Friedensprozess gehemmt. Es ist eine Frage der diplomatischen Kontakte/Verhandlungen/Gespräche, welche europäischerseits auf Kontakt mit dem türkischen Staat basieren. Das Problem ist, dass der Wille der europäischen Staaten bezüglich der kurdischen Frage nicht gezeigt wird. Somit macht es für die Türkei keinen Sinn die Waffen abzulegen
(…)
R2: Für die Demokratisierung der Türkei, welche Möglichkeiten gab es 2014/2015 bei der Organisierung im kurdischen Gebiet?
Z: Erstens wurde Anteil der Polizist_innen wurde erhöht, somit wurden mehr Kurd_innen bei der Polizei tätig. Zweitens hatte die PKK im Untergrund klare Vorstellungen davon, wie die Kurd_innen zu organisieren sind. Diese Vorstellung wurde nicht von allen geteilt, auch nicht von allen, die die HDP gewählt haben.
(…)
(…)
V1: Was ist das Interesse der Türkei in Rojava?
R1: Einwand, die Frage habe nichts mit dem Thema zu tun
V1: Wenn die Friedensverhandlung so schwer gemacht wird, dann muss auch das Verhältnis der Türkei zum Demokratieverständnis in Rojava gesehen werden, was für Interessen gegen die Friedensverhandlungen sprechen könnte.
(…)
V1: Zusammenfassend heißt es, dass die Bekämpfung der PKK aus türkischer nationalstaatlicher Sicht deshalb passiert, weil die PKK einen Guerilla-Kampf führt?
(…)
(…)
V1: Wie passt es zusammen dass der türkische Geheimdienst MIT Friedensverhandlungen führt, aber sich gleichzeitig an der Ermordung von drei kurdischen Funktionär_innen in Paris beteiligt?
(…)
Öcalan hat dies in Protokollen stark weggewischt, was darauf schließen lässt, dass der Friedenswille stärker ist als die Rechenschaft. Eine Einflussnahme des Geheimdienstes war aber sicherlich da. Es kam zu Demonstrationen wegen den Ermordungen.
V1: Wie war das Verhältnis des übrigen KCK zum MOrd?
Z: (…) Der gesamte KCK war auf Linie des Friedensprozesses
V1: Gab es in Europa eigene Positionen/Debatten zum Friedensprozess?
Z: Nein
(…)
(…)
V1: Bei der Verbindung zwischen KCK und HDP: Gibt es vom KCK den Anspruch zur einflussnahme?
(…)
V1: Wie ist die YDG-H entstanden? Ist sie in Befehlsstrukturen eingebunden? Wie ist die Verbindung zu HDP?
(…)
Z: 2014 kam es dazu dass HPG-Kader_innen in der Stadt bleiben. Die Guerilla agiert nicht mehr als Guerilla, sondenr bleibt dort und wird in ihrer Rolle inspiriert von den autonomen lokalen Sicherheitskräften in Rojava, den Asayish
V1: Kann man es so sehen, dass die Guerilla Bestrbungen hat, vertriebene Jugendliche, die zu bewaffneten Kämpfer_innen werden, für sich zu gewinnen?
Z: Nach der Vertreibung eröffnete sich die Möglichkeit der Rache, welche durch Organisierung gegliedert wurde, sodass es nicht einfach zu Rache kam, sondern eine politische Idee bekam und organisiert wurde
V1: Warum konnte sich die Guerilla nicht einfach auflösen?
(…)
V1: War zu der Zeit der Abzug möglich? (war das die Frage?)
R1: Wieder Einwand, das habe nichts mit dem Thema zu tun.
V1: Er sehe dort eine Verbindung, weil der Abzug nicht möglich ist, wenn Angriffe von anderen kommen
R1: Wie jeder Tropfen im Gebirgsbach zur Pazifik führt. Verbindungen können immer hergestellt werden, aber fragen Sie mal, ich sag da nichts weiter.
(…)
V1.: Kann eine Person die sich 2014 der PKK anschließt davon ausgehen, dass die PKK im Bezug auf Türkei den Weg des Friedens oder des bewaffneten Kampfes führt?
(…)
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