Heute, am 01.09.16 wurde der kurdische Aktivist Kenan Baştu vom Staatsschutzsenat des Oberlandesgerichts Celle (4. Strafsenat) wegen mitgliedschaftlicher Beteiligung an einer „terroristischen Vereinigung im Ausland“ – gemeint ist die Arbeiterpartei Kurdistan (PKK) – nach §§ 129a I, 129b I StGB zu 2 Jahren und 6 Monaten Haft verurteilt worden.
Seit dem 09.06.16 wurde vor dem OLG Celle gegen Kenan Baştu verhandelt. Heute sprach ihn das Gericht der Mitgliedschaft in einer „terroristischen Vereinigung im Ausland“ schuldig und verurteilte den kurdischen Aktivisten zu 2 Jahren und 6 Monaten Haft.
In der Urteilsbegründung zeichnete der vorsitzende Richter Rosenow einen Teil des Lebens Kenan Baştus nach, der sich in der Türkei in einer linken Gewerkschaft engagiert hatte. Aufgrund seines politischen Engagements war er dort zwei mal inhaftiert und in der Haft gefoltert worden, ohne allerdings verurteilt worden zu sein. Aufgrund dieser Verfolgung suchte er 2008 Asyl in Frankreich und setzte sich auch in Europa für eine Demokratisierung der Türkei und eine friedliche Lösung der kurdischen Frage ein. Richter Rosenow kam nicht umhin, anzuerkennen, dass Kenan Baştu aus uneigennützigen, ja idealistischen Gründen für die Freiheit des kurdischen Volks eintrete. Auch hielt er Kenan zugute, dass er kein „Scharfmacher“ gewesen sei, sondern stets besonnen agiert habe, was selbst ein Zeuge des Bundeskriminalamts (BKA) so ausgesagt hatte.
Ansonsten glänzte das Gericht mit wenig Aufrichtigkeit, da es zwar einerseits die Menschenrechtsverletzungen und die langjährige Unterdrückung der Bevölkerung Kurdistans durch das türkische Regime anerkannte, aber andererseits in typischer Manier der Staatsschutzsenate die Vorgaben der Bundesregierung, des BKAs und des Bundesgerichtshofs (BGH) bezüglich der Aburteilung vermeintlichen „Terrorismus“ mithilfe der §§ 129a, 129b StGB sowie die Lesart des kurdischen Freiheitskampfs als illegitim umsetzte.
Wie bereits im Urteil des gleichen Senats gegen den kurdischen Aktivisten Mustafa Çelik vorgestern, behauptete das Gericht, das türkische Regime sei „keine Besatzungsmacht und kein rassistisches System“. Die Unterdrückung und Folter, die von diesem Regime seit Jahrzehnten ausgeht und von der Kenan Baştu sogar persönlich betroffen gewesen ist, stellte das Gericht jedoch nicht in Abrede. Wie für die §§ 129a, 129b StGB üblich, wurde Kenan keine individuelle Straftat als solche nachgewiesen, sondern lediglich dargelegt, dass er seine Tätigkeiten als Mitglied der PKK ausgeführt habe.
Zur Urteilsverkündung waren ca. 30 Unterstützer*innen Kenans gekommen, Verwandte, Freund*innen und Genoss*innen. Sie drückten ihre Solidarität mit ihm aus und skandierten nach der Sitzung Parolen.
Als Solidaritätskomitee für die Politischen Gefangenen Celle/Hannover verurteilen wir grundsätzlich das Vorgehen der bundesdeutschen Justiz gegen kurdische und türkische Aktivist*innen in der BRD. Auf diese Weise machen sich die Bundesregierung, die deutschen Polizeien und Gerichte mitschuldig an den Verbrechen, die vom türkischen Regime und mit diesem verbundenen Gruppen wie dem sogenannten Islamischen Staat (IS) in Kurdistan begangen werden.
Darum drücken wir allen politischen Gefangenen in der BRD unsere Solidarität aus, wünschen ihnen viel Kraft und fordern ihre sofortige Freiheit!