Heute, am 30.08.16 wurde der kurdische Aktivist Mustafa Çelik vom Oberlandesgericht Celle wegen Mitgliedschaft in einer „terroristischen Vereinigung im Ausland“ – gemeint ist die Arbeiterpartei Kurdistan (PKK) – nach §§ 129a, 129b StGB zu 2 Jahren und 6 Monaten Haft verurteilt worden.
Nachdem seit dem 29.04.16 vor dem OLG Celle gegen Mustafa Çelik verhandelt wurde, sprach ihn das Gericht heute schuldig und verurteilte den kurdischen Aktivisten zu 2 Jahren und 6 Monaten Haft. Vier Monate lang ließ das Gericht Zeug*innen – vor allem von Polizei und Geheimdienst – anhören, abgehörte Telefonate und SMS vorlesen und bereits an anderer Stelle Beschlossenes vortragen.
Vor der mündlichen Urteilsverkündung sah sich der vorsitzende Richter Rosenow gezwungen zu begründen, warum das Gericht kein politisches Urteil in einem politischen Prozess erlasse, sondern allein nach rechtsstaatlichen Kriterien urteile. Eine Entpolitisierung des Urteils und des gesamten Verfahrens gelang ihm dabei freilich nicht.
In der Urteilsbegründung versteifte sich das Gericht darauf, das türkische Regime sei „keine Besatzungsmacht und kein rassistisches System“ – angesichts des seit letztem Jahr eskalierenden Krieges in Nordkurdistan/Südosttürkei und des Einmarschs türkischen Militärs an der Seite extrem islamistischer Banden in Rojava/Syrien eine Farce. Sogar das Gericht selbst musste sich in diesem Punkt widersprechen, als es bei der Begründung des Strafmaßes anerkannte, dass Mustafa Çeliks Engagement gegen die die Unterdrückung des kurdischen Volks und die Menschenrechtsverletzungen des türkischen Regimes gerichtet gewesen sei.
Eigenhändige Straftaten konnte das Gericht Mustafa Çelik nicht nachweisen; allein dass er seine Tätigkeiten – das Organisieren von Protesten, Wahlkampf für die Demokratische Partei der Völker (HDP), das Sammeln von Spenden, die Teilnahme und Bewerbung von Bildungen – als Mitglied der PKK ausgeführt habe, genüge, ihn zu verurteilen.
Mustafa Çelik selbst hatte bereits am Prozesstag zuvor erklärt, er werde sein Engagement für den Freiheitskampf in Kurdistan und die Freiheit des PKK-Vorsitzenden Abdullah Öcalan fortsetzen.
Nach der Urteilsverkündung drückte das Solidaritätskomitee für die Politischen Gefangenen Celle/Hannover noch spontan seinen Protest gegen das Urteil durch eine kurze Demonstration und eine Kundgebung in der Celler Innenstadt aus.
Am kommenden Donnerstag, 01.09.16, wird um 9.00 Uhr ebenfalls vor dem OLG Celle das Urteil im Prozess gegen Kenan Baştu, einen weiteren kurdischen Aktivisten, ergehen.